In jedem Kind steckt Potenzial
Autor: Anna-Sophie Schindle
Die Kinder der Ambrosius-Grundschule in Trier-Nord erhalten künftig zusätzlichen Unterricht im Lesen und im Schach. Das Projekt "Denken lernen" wird von der Antonia-Ruut-Stiftung finanziert.
Trier-Nord. Bunte Bilder, kleine Stühle, spielende Kinder, eine Tafel im vorderen Teil des Raums: Im Klassenzimmer der Ambrosius-Grundschule in Trier-Nord deutet alles auf eine ganz normale Schule hin. Doch in diesen Tagen ist dort ein außergewöhnliches Projekt gestartet: Es heißt "Denken Lernen", wird von der Antonia-Ruut-Stiftung finanziert und kommt den 27 Kindern der ersten Klasse zugute. Vier Jahre lang werden sie durch ihre Grundschullaufbahn begleitet und erhalten parallel zum bisherigen Unterricht Schulungen in Schach und Lesen. Dazu werden sie in drei Gruppen aufgeteilt. Ziel ist, die Potenziale der Kinder besser zu fördern. Betreut wird das Projekt vom Trierer Schulschach-Experten Kurt Lellinger und dessen Frau Inge. "Die Lehrer sollen so wenig wie möglich in Anspruch genommen werden. Sie haben jetzt schon genug zu tun", sagt Peter Mischo, Geschäftsführer der Antonia-Ruut-Stiftung. Kurt und Inge Lellinger arbeiten ehrenamtlich für das Projekt. Kurt Lellinger wird mit den Kindern Schach spielen. "Schach ist ein spannendes Spiel. Partien sind nie gleich", erklärt der Schulschach-Profi den Kindern. Zur Einführung in das Projekt sehen sie einen Film, der erzählt, wie ein Mädchen mit Problemen in der Schule ihre Leistungen mit Schach verbessert. Das erhofft sich auch Lellinger: "Die Kinder lernen räumliches und strategisches Denken. Das erhöht ihre Leistungen." Die Stiftung finanziert der Schule zehn Laptops, damit sie ein Schach-Lernprogramm für Computer nutzen kann. Inge Lellinger bietet eine Lesestunde für die Kinder an. Dazu hat die Stiftung einen Satz Bücher angeschafft. "Wir werden lesen, aber auch basteln und malen", erklärt Lellinger. Ein Diplompsychologe wird das Projekt begleiten und die Leistungsveränderung der Kinder dokumentieren. Ziel der Antonia-Ruut-Stiftung ist es Mischo zufolge, die Zukunftsperspektiven der Kinder zu verbessern. "Bildung ist wichtig für unser Land." "Ich freue mich auf das Lesen. Die kleine Raupe Nimmersatt habe ich zu Hause schon einmal gelesen. Trotzdem finde ich es schön, es noch mal in der Schule zu lesen." "Mit Mama und Papa habe ich schon Schach gespielt. Es ist spannender als Mensch ärgere dich nicht. Deswegen freue ich mich darauf." "Ich habe ein eigenes Schachspiel. Ich spiele immer mit meinem Opa. Er gewinnt meistens, aber bald kann ich ihn besiegen, denn ich übe hier fleißig." "Ich freue mich, dass ich hier mit den Kindern zusammen lese."
Quelle: www.volksfreund.de
Spielerischer Umgang mit modernen Medien
Seit über einem Jahr hat die Grundschule Ambrosius begonnen, Schachunterricht ab der zweiten Hälfte der beiden ersten Schuljahre einzuführen. Nach nur eineinhalb Schuljahren stellen sich die ersten Erfolge ein.
Trier. Nicht nur, dass die Kinder mit großer Begeisterung dem Schachunterricht folgen, sie zeigen ein neues, ein anderes Lernverhalten, das sich in einigen Fällen fast konträr zum bisherigen abzeichnet. Kinder lieben Schach, wenn es ihnen fachkundig vermittelt wird. Auffällig ist, dass sich viele Lernblockaden, die einige Kinder durch fehlende häusliche motivierende Anreize oder ein schwieriges soziales Gefüge in den Klassen haben, aufzulösen beginnen. Die Erweiterung des Wahrnehmungsvermögens erfolgt ständig durch das stetige "Spielen" und Lösen der gestellten Aufgaben. Zudem lernen sie, welche Möglichkeiten in den einzelnen Figuren stecken, so muss etwa ein Turm gegen acht Bauern, die auf ihrer Grundreihe stehen, antreten, und die Schüler müssen herausfinden, dass der Turm (Wert fünf Punkte) gegen die acht Bauern (Wert acht Punkte) keine Chance hat. Über den Weg solcher kleinen Spiele, unterstützt durch das gut gestaltete Lernprogramm "Fritz & Fertig" des Hamburger Schulleiters Björn Lengwenus, nähern sich die Schüler dem Spiel mit allen Figuren und einem erweiterten Bewusstsein. Sie sind es, die den Figuren Leben einhauchen, sie müssen die Verantwortung übernehmen, müssen aber auch feststellen, dass man für falsches Denken nirgends schneller bestraft wird als im Schach. Dieser Schachunterricht, verbunden mit einer besonderen Leseerziehung, kam zustande durch das Engagement der Antonia- Ruut-Stiftung, die, in ihrem Bemühen zur Förderung von Grundschulen in sozialen Brennpunkten, besonderen Wert auf das Wecken und Fördern der geistigen Potenziale legt, die in jedem Kind stecken. Durch das Bereitstellen von zehn PC für die Schach-Programme lernen bereits die Erst- und Zweitklässler spielerisch den Umgang mit modernen Medien. Ausgedehnt wird dieser Unterricht, bis alle vier Grundschuljahrgänge hereingewachsen sind. Somit wird die Ambrosiusgrundschule Vorreiter einer Deklaration des Europaparlaments, das in diesem Jahr empfohlen hat, dass bis zum Jahr 2016 in allen Grundschulen Schach als Lehrfach eingeführt werden sollte.
Quelle: www.volksfreund.de
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